Miniphänomenta

Welche Bahn ist wohl die schnellste? (HAZ 09.03.2016)

BAD SALZDETFURTH. Vorsichtig setzt Tjark die gläserne Murmel auf die Bahn. Schnell sucht die sich ihren Weg und rollt abwärts. Zusammen mit ein paar Freunden beobachtet der Grundschüler die Murmel. Dann probiert er eine andere Bahn aus. Ganz deutlich ist zu sehen:

Dort rollt die Murmel noch viel schneller. Die Kinder staunen. „Das liegt an der Schwerkraft“, vermutet ein Schüler. „Die Bahn ist viel steiler“, sagt ein anderer. Die Mädchen und Jungen nicken, ja, das wird wohl die Erklärung sein. Und genau darum geht es, in diesen Tagen in

der Grundschule Lammetal: Selbstständig, ohne Anleitung und Erklärung sollen die Schüler kleine Experimente ausprobieren, kennenlernen – und im besten Fall erklären.

Die Sachkundelehrerinnen Julia Sebastian und Katharina Pülm blicken sich in der Eingangshalle der Grundschule in Bad Salzdetfurth um. So haben sie sich das vorgestellt: Überall experimentierfreudige Mädchen und Jungen, die ohne Angst und Scheu naturwissenschaftliche und technische Experimente erkunden und dabei auch noch mächtig Spaß haben.

Die Pädagoginnen haben die Ausstellung Miniphänomenta der Universität Flensburg für zwei Wochen an ihre Schule nach Bad Salzdetfurth geholt. Am Dienstagnachmittag war die nicht nur für die Grundschüler geöffnet. Auch deren Eltern und Geschwister waren

eingeladen, fleißig mitzumachen. Professor Dr. Lutz Fiesser, Gründer und Leiter der Phänomenta in Flensburg, hat die Wanderausstellung mit einer Arbeitsgruppe an der Universität Flensburg entwickelt. Sein Ziel: Bei den Kindern früh naturwissenschaftliches Interesse wecken,

Hemmschwellen gegenüber Fächern wie Physik, Chemie oder Biologie abbauen, den Nachwuchs zum Forschen und Experimentieren  animieren. Julia Sebastian und Katharina Pülm haben vor rund zwei Jahren eine Fortbildung bei Fiesser mitgemacht. Schnell war den Frauen klar, dass sie dessen Ausstellung an ihre Schule holen wollen.

„Und es hat geklappt“, freut sich Katharina Pülm. Zwei Wochen lang sind

die Forschungsstationen in Pausenhalle und Schulfluren aufgebaut. Die einzelnen Jahrgänge wechseln sich in den Pausen mit dem Tüfteln ab. Ganz wichtig: Keine Station wird mit Bildern, Texten oder Karten erläutert, kein Lehrer steht dabei und sagt den Kindern, was sie tun müssen. Ist das nicht so völlig gegen die Natur des Lehrers? Pülm und Sebastian lachen. „Ja, das fällt ganz schön schwer und einige Kolleginnen waren auch zunächst skeptisch“, gesteht Katharina

Pülm. Denn: Können Schüler überhaupt etwas lernen, wenn ihnen

keiner erklärt, was sie wann und wie an den Stationen machen sollen? Und ob sie das können. Sie probieren aus, beraten sich und kommen den meisten Phänomenen schnell auf den Grund. Was passiert mit dem Schwingkreisel im Sand, warum steigt der Tischtennisball in der Flasche auf, wenn man Wasser auffüllt? „Die Schüler lernen genau hinzusehen,

Versuche zu beschreiben, die richtigen Fragen zu stellen“, erklärt Julia

Sebastian. Das sei die Basis für naturwissenschaftliches Arbeiten.

In einer Woche werden die Stationen wieder abgeholt. Und dann? „Wir hoffen, dass wir bald eigene Stationen haben, die wir regelmäßig bei Aktionstagen oder Schulfesten aufbauen können“, so Katharina

Pülm. Dabei bauen sie auf die Mithilfe von Eltern, Freunden und Verwandten. Die können sich nämlich melden und nach Absprache Stationen nachbauen. Tatsächlich haben sich bereits gestern einige

hilfsbereite Mütter und Väter gemeldet. Der Förderverein der Schule unterstützt das Projekt und finanziert bei Bedarf

die Anschaffung der Materialien. Wer noch Lust hat, mitzumachen, kann sich bei Julia Sebastian oder Katharina Pülm in der Grundschule Lammetal melden, Telefon 0 50 63/ 42 48.